Die weiße Magie Journalismus

Das ist auch ganz nett. Wenn mich Journalismus interessieren würde. Doch von Anfang an.[Vorlesbar]
Ein Teil des Prüfungsstoffes ist beispielsweise die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, Journalismus zu studieren. Ähem... Muss irgendjemand anderes seine Studienwahl auch erst auswendig lernen und dann in der Prüfung begründen? Das macht mich skeptisch.
Dann die Tatsache, dass ich die ganze Zeit hier lese, schreibe, lerne, was guten Journalismus ausmacht, was für ethische Vorstellungen ein Journalist hat und wie wichtig Journalismus ist.
Ich kann das ja alles nachvollziehen. Und ich kann es gerade so lernen. Aber innerlich sträubt es sich doch.
Ich bin nach Darmstadt gegangen, weil mich PR interessiert. Und PR wird auch irgendwann Teil des Stundenplans werden, aber erst sind wir alle - die Journalisten und die PRler - auf einer gemeinsamen Basis. Daher dieses Fach "für gegenseitiges Verständnis".
Tatsache ist: Ich fühle mich wie ein schwarzer Magier, der sich durch das Geschleime der weißen Magie durcharbeiten muss, bevor er endlich Hand an die verbotenen, machtvollen Bücher legen darf. Wenn überhaupt. Es tut mir leid, dass ich kein große Verpflichtung der Bevölkerung gegenüber fühle, sie über die Machenschaften der Parteien aufzuklären. Ich bin einfach nicht Politik-interessiert. Ich schätze es, dass es Leute gibt, die das gerne machen. Aber ich gehöre definitiv nicht dazu. Und jetzt lese ich diese strahlenden Credos von Wahrhaftigkeit und Meinungspluralität, Unabhängigkeit und weißen Rittern der Freiheit - doch es ist einfach anstrengend - wenn nicht sogar giftig.
Was ist an der Wahrheit toll? Nicht jeder will sie hören, kaum einer teilt die des anderen und wenn jemand wirklich wahr schreiben will, kann er sich kaum einer Sache sicher sein. Klar, die Wahrheit ist notwendig, aber ab und zu kommmt es mir wie Geheuchel vor, diese Ideale, die Wahrheit verbreiten zu wollen und die Menschheit zu befreien. Alles ist Manipulation. Versuch mal eine Meldung zu schreiben ohne Kommentar - ich könnte daran verzweifeln.
Ich bin also kein negativer, desillusionierter Mensch, der der Wahrheit den Rücken zugewandt hat und sich nun den schwarzen Mächten verschrieben hat. Nein, ich liebe das Spiel der Beeinflußung, der Taktik, der unterschwelligen Botschaften. Ich schaue lieber Werbung als SternTV (jeder, der die Fernbedienung mal an mich verloren hat, weiß es nur zu gut) und nehme alle Werbeprospekte oder Flyer mit, die rumliegen. Eine Spielwiese, ein magisches Land der Worte und Verzauberung, ein ungebrochener Bann der Bilder...alles lernbar...alles vor unseren Augen....
Doch ich sitze hier vor der weißen Magie und lese immer wieder wie ich armen Blinden den rettenden Weg zeigen kann, wie man mit Aufrichtigkeit das Elend der Welt löst und das ist schlicht nicht mein Märchen.
Vielleicht habe ich einen kleinen Hang zur Gaunerei, zur List und Tücke, aber ich schätze eine kunstvolle, komplex aufgebaute Wahrheitsvertuschung höher als die plumpe Tatsache. Es ist eine Herausforderung an den Intellekt, an die Menschenkenntnis, die Fantasie....
Das musste mal gesagt werden. Jetzt kann ich friedlich weiterlernen und ich danke für die Aufmerksamkeit!
Lysann - 10. Feb, 14:37
Flo (Gast) - 11. Feb, 00:38
Wie wahr
Ich kralle mir auch immer alle Prospekte und Werbesachen, die ich kriegen kann. Und habe schon mit dem Gedanken gespielt, das vom Vermieter jetzt am Briefkasten angebrachte Schild "Keine Werbung einwerfen" einfach abzumachen. Soll er mich doch fragen, ob ich Werbung bekommen will oder nicht. Und die Antwort lautet: Ja, ich will.
Danyo (Gast) - 11. Feb, 19:26
Hm...
@Flo: Ist es dann eigentlich eine Einschränkung deiner Informations- und Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG, wenn dir mit so einem "Keine Werbung"-Schild dein Recht auf Werbung zur Meinungsbildung verwährt wird? Schon einmal über eine Klage nachgedacht? ^^
Und für Lysann: du sollst als Journalistin, die du ja nicht werden möchtest, ja auch nicht lügen, sondern, wie es in den Folien (wohl auch bei euch) noch heißt "eine gemeinsame Realität schaffen". Und wenn die Menschen lieber eine verklärte Wahrheit haben wollen, weil sie die absolute Realität nicht vertragen würden oder gleich verdrängen, dann muss man ihnen diese auch nicht gnadenlos vor den Latz knallen. Von daher gilt: gepriesen sei die PR ;)
Und für Lysann: du sollst als Journalistin, die du ja nicht werden möchtest, ja auch nicht lügen, sondern, wie es in den Folien (wohl auch bei euch) noch heißt "eine gemeinsame Realität schaffen". Und wenn die Menschen lieber eine verklärte Wahrheit haben wollen, weil sie die absolute Realität nicht vertragen würden oder gleich verdrängen, dann muss man ihnen diese auch nicht gnadenlos vor den Latz knallen. Von daher gilt: gepriesen sei die PR ;)
Lysann - 11. Feb, 21:21
Oh mit dem Begriff "Erschaffung einer gemeinsamen Realität" habe ich so meine Probleme. Habe da auch mit Genickstarre darüber diskutiert, doch ich kann damit einfach nichts anfangen ... für mich gibt es keine gemeinsame Realität, erschaffen tut sie jeder selbst mit der Entscheidung, den Fernseher anzuschalten oder lieber Zeitung zu lesen. Aber ich werde noch ein bischen drüber nachdenken.
Und interessant: Auch du sprichst von absoluter Realität. Und da jeder seine eigene Wirklichkeit erschafft, gibt es für mich auch keine absolute, allgemeine Realität. Ich halte einen Paranoiden für genauso realitätsbezogen wie einen Rechtsanwalt, da beide die Realität aufgrund ihrer individuellen Wahrnehmung erstellen, die wiederum auf vielen anderen kleinen Dingen basiert.
Und weil ich nunmal lieber mein Horoskop lese als die Fernsehzeitung, habe ich die Wahl mich dem redaktionellen Angebot anzupassen (die nunmal glaubt, man brauche 12 Fernsehmagazine mit demselben Programm - aber die Horoskope unterscheiden sich!) oder ich nehme nicht an dieser "gemeinsamen Realität" teil. Wenn das die gemeinsame Realität ist. Denn auch hier liest ja jeder seine Zeitung anders. Ich blättere immer zum Kreuzworträtsel und dann zur Kolumne. Andere lesen sich erstmal von Montag zu Sonnatg durch um Vorfreude zu entwickeln.
Ok, das wird kompliziert. Wie gesagt, da denke ich nochmal gründlich drüber.
Und interessant: Auch du sprichst von absoluter Realität. Und da jeder seine eigene Wirklichkeit erschafft, gibt es für mich auch keine absolute, allgemeine Realität. Ich halte einen Paranoiden für genauso realitätsbezogen wie einen Rechtsanwalt, da beide die Realität aufgrund ihrer individuellen Wahrnehmung erstellen, die wiederum auf vielen anderen kleinen Dingen basiert.
Und weil ich nunmal lieber mein Horoskop lese als die Fernsehzeitung, habe ich die Wahl mich dem redaktionellen Angebot anzupassen (die nunmal glaubt, man brauche 12 Fernsehmagazine mit demselben Programm - aber die Horoskope unterscheiden sich!) oder ich nehme nicht an dieser "gemeinsamen Realität" teil. Wenn das die gemeinsame Realität ist. Denn auch hier liest ja jeder seine Zeitung anders. Ich blättere immer zum Kreuzworträtsel und dann zur Kolumne. Andere lesen sich erstmal von Montag zu Sonnatg durch um Vorfreude zu entwickeln.
Ok, das wird kompliziert. Wie gesagt, da denke ich nochmal gründlich drüber.
Danyo (Gast) - 11. Feb, 22:18
Wie wäre es, ...
... wenn wir den Begriff "gemeinsame Realität" auf das runterbrechen, was er eigentlich sein sollte und manchmal auch schafft zu sein? Ein Spiegel der Ereignisse, die alle in dieser Gesellschaft irgendwie mitbekommen. Egal ob (wie von der Genickstarre erwähnt - ja, ich hab da nochmal nachgelesen ^^) WM, US-Wahlkampf oder, medial komplett ausgeschlachtet, 9/11; man kommt nur selten daran vorbei - ganz gleich welches Medium man nun nutzt.
Entweder wird man im Radio damit vollgedudelt, liest es in der (eigenen) Zeitung (oder der des Nachbarn im Zug/Bus), stolpert im Web drüber oder bekommt es über einen Dritten mit, der es aus den Medien aufgegabelt hat. Am Ende kriegt man so Sachen doch irgendwie immer wieder mit und hat damit eine kleine, manchmal mehr, manchmal weniger bedeutsame Schnittmenge mit der Wahrnehmung der Realität der anderen: eine gemeinsame Realität.
Wie groß diese "gemeinsame Realität" wird in der Klausur übrigens nicht gefragt und auch nirgends in den Folien erwähnt ;)
Entweder wird man im Radio damit vollgedudelt, liest es in der (eigenen) Zeitung (oder der des Nachbarn im Zug/Bus), stolpert im Web drüber oder bekommt es über einen Dritten mit, der es aus den Medien aufgegabelt hat. Am Ende kriegt man so Sachen doch irgendwie immer wieder mit und hat damit eine kleine, manchmal mehr, manchmal weniger bedeutsame Schnittmenge mit der Wahrnehmung der Realität der anderen: eine gemeinsame Realität.
Wie groß diese "gemeinsame Realität" wird in der Klausur übrigens nicht gefragt und auch nirgends in den Folien erwähnt ;)
Lysann - 12. Feb, 09:23
Ok, damit komme ich klar. Danke :)
Danyo (Gast) - 13. Feb, 22:03
Ah, schön
Hab jetzt erst gesehen, dass du dich mit meiner Version des Begriffs arrangieren kannst. Das freut mich jetzt sehr =) Ich wünsch´ dir und den anderen viel Glück für die Klausur morgen ;)
rittiner & gomez (Gast) - 12. Feb, 20:05
die wahre geschichte gibt es ja devinitiv nicht, da lieben wir wahrlich gut erwundene geschichten schon mehr, erst wenn sie uns noch vorgelesen werden.
Ohje - Klärung: